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Camille Saint-Saëns erstes Cellokonzert war die Eröffnung für Sol Gabetta, Capell-Virtuosin der Spielzeit. Virtuos ist bekanntlich von „virtus“ – Tugend – abgeleitet, woran man sich immer dann glücklich erinnert, wenn es nicht mit sportiven (Selbst-)Darstellungen verbunden ist. Sol Gabetta verfügt über Virtuosität in jeder Hinsicht – in der technischen Beherrschung ihres Instrumentes wie im Verständnis der Stücke. Sie kann ihr Instrument singen lassen, vermeidet aber ein immerwährendes Betören.

Unter Daniele Gattis Leitung verhielt sich die Kapelle zunächst, wie sie Themen aufnahm und begleitete, wie ein musikalischer Seelenspiegel. Zwar verfügt auch Saint-Saëns über jenes Kolorit, dass man gemeinhin „französisch“ nennen könnte, doch ist es divers und wurde hier immer neu belebt. Der Komponist hat die drei Sätze des Konzertes ineinander übergehen lassen und zudem eine formal gewohnte Folge schnell – langsam – schnell vermieden. Sol Gabetta war darin Spielball und Agitatorin, denn die vielen Teile, die sich in den Sätzen ausmachen lassen, sind weniger episodenhaft aneinandergereiht.

Saint-Saëns nimmt Themen immer wieder auf, schafft Bezüge und flicht gewohnte Formen ein. Aus solchen Bezügen zwischen Solistin und Orchester ließen Gabetta und Gatti die Ideen schießen, ohne dabei zu „verbrennen“ – gerade die Leichtigkeit, welche die Cellistin behielt und die ihr Instrument dann eben doch schön und vernehmlich singen ließ, war entzückend – eine Verve, die sich im ständigen Austausch mit dem Orchester vollzog. Kein Wunder, dass beide in der Zugabe (Gabriel Faurés „Elegie“) noch einmal zusammenfanden.

- Dresdner Neueste Nachrichten, Wolfram Quellmalz, 17.09.2019