Sol Gabetta ist die derzeit gefragteste Cellistin. Wolfgang Rihm ist einer der einflussreichsten zeitgenössischen
Komponisten. Nun haben sich Großmeister und Star zusammengetan und jüngst in der Schweiz ein neues Werk auf
die Bühne gebracht – als Auftragswerk des Kammerorchesters Basel unter der Leitung von Sylvain Cambreling. In
Freiburg fand bei den Albert-Konzerten die deutsche Erstaufführung statt.
“Concerto en Sol” nennt Rihm sein Stück, denn Sol ist der Vorname der Widmungsträgerin. Sol bezeichnet aber auch
den Ton G. So ist G denn auch der erste Ton, den das Solo-Cello spielt und zu dem es immer wieder zurückfindet.
Beim Komponieren des gut 20-minütigen Stücks hatte Rihm Gabettas “Helligkeit” und “positive Ausstrahlung” vor
sich. Mehr noch: Fünf Jahre lag das Konzert auf Eis, weil Rihm erst eine schwere Krebserkrankung durchstehen
musste.
“Das ist das erste Stück, bei dem ich wieder durchatmen kann”, erzählt Rihm in einem Fernsehinterview, “es gehört
zu meinem Neu-Werdungsprozess.” Erdenschwer und aus satten Klangfarben heraus entwickelt sich die Musik. Das
Cello ist eingebettet im Orchesterklang – nachdenklich, singend, tiefgründig, aber auch ruppig. Orchester und
Cambreling sind umsichtige und souveräne Partner. Je solistischer die Töne in die Höhe klettern, desto zarter, leiser
und schwereloser werden sie. Beeindruckend wie schwindelfrei und leicht Gabetta dort oben Schönheit gestaltet. Sie
wird zur Zauberin des Lichts, des ungehörten Tons, der komponierten Stille. Sol heißt übrigens auf Spanisch Sonne.
Kostbar dann auch Gabettas Zugabe: Peteris Vasks’ “Dolcissimo”.
- Badische Zeitung, 28.01.2020